Schostakowitsch-Tage Gohrisch

173. Juni - 175. Juni 2018

An drei Tagen im Jahr wird der kleine Kurort Gohrisch in der S�chsischen Schweiz zum Mekka der Schostakowitsch-Freunde aus aller Welt: Seit nunmehr sechs Jahren finden j�hrlich die Schostakowitsch Tage Gohrisch statt, die sich innerhalb k�rzester Zeit als ein Festival von internationaler Ausstrahlung etabliert haben. Dmitri Schostakowitsch komponierte 1960 in Gohrisch mit dem achten Streichquartett eines seiner zentralen und bedr�ckendsten Werke. Grund genug, hier seit 2010 in enger Kooperation mit der S�chsischen Staatskapelle Dresden das nach wie vor einzige regelm��ig stattfindende Schostakowitsch-Festival weltweit auszurichten.

SCHOSTAKOWITSCH ? ZADERATSKY ? P�RT

Auch im sechsten Jahrgang werfen die Schostakowitsch-Tage einen neuen, unkonventionellen Blick auf den Komponisten Dmitri Schostakowitsch, dem in diesem Jahr die Werke zweier anderer Komponisten gegen�berstehen.

Eine erste Schl�sselfigur ist der Russe Vsevolod Zaderatsky (1891-1953). Der Zeitgenosse Schostakowitschs war einer der letzten Klavierlehrer der Zarenfamilie und wurde sp�ter aufgrund seiner adeligen Abstammung vom Stalin-Regime verfolgt. Viele seiner Werke entstanden in Lagerhaft, kein einziges wurde zu seinen Lebzeiten gedruckt, geschweige denn �ffentlich aufgef�hrt. Erst allm�hlich r�ckt Zaderatsky durch das Engagement seines Sohnes, des Musikwissenschaftlers Vsevolod V. Zaderatsky, und des Pianisten Jascha Nemtsov ins Bewusstsein der musikalischen �ffentlichkeit. Bei den Schostakowitsch-Tagen werden einige seiner Werke zum ersten Mal �berhaupt erklingen. Jascha Nemtsov bringt in zwei Klavierrezitals die 24 Pr�ludien und Fugen zur Urauff�hrung ? Zaderatskys pianistisches Hauptwerk, das er 1937/38 im Gulag komponierte und das damit viele Jahre vor Schostakowitschs gleichartigem Zyklus op. 87 entstand. Auch die Urauff�hrung der Fl�ten-Idylle "Der Nachtigall Garten" sowie einige von Zaderatskys Klavierliedern illustrieren die Zeit Schostakowitschs mit bislang unbekannten Kl�ngen.

Das Festival verkn�pft dar�ber hinaus das Schaffen Schostakowitschs mit dem der Gegenwart: Ein weiterer Schwerpunkt ist dem estnischen Komponisten Arvo P�rt gewidmet, der in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag feiert und sich schon fr�h durch Schostakowitsch inspirieren lie�. Sp�ter wurde auch er von den sowjetischen Kulturfunktion�ren angegriffen, legte eine lange Kompositionspause ein und entwickelte einen eigenen Stil, in dem er das Klangmaterial auf das Wesentliche reduzierte. Seine spirituelle, durch den russisch-orthodoxen Glauben gepr�gte Musiksprache strahlt eine meditative Ruhe aus. P�rt geh�rt heute zu den meistgespielten Komponisten Neuer Musik, bezieht aber auch immer wieder gesellschaftlich Stellung, etwa zu politischen Entwicklungen im gegenw�rtigen Russland. In Gohrisch wird der Countertenor Andreas Scholl einige seiner Lieder zur deutschen Erstauff�hrung bringen, au�erdem erklingen Werke wie "These Words ?" (aus der sp�teren vierten Symphonie "Los Angeles", die P�rt dem Regimekritiker Michail Chodorkowski widmete) und "Fratres", eines seiner Hauptwerke. Mit dem Borodin-Quartett gastiert ein legend�res Streichquartett in Gohrisch, das untrennbar mit dem Namen Schostakowitsch verbunden ist. Der Komponist studierte noch s�mtliche seiner Streichquartette mit diesem Ensemble ein, dessen Mitglieder das Wissen von Generation zu Generation weitergaben. Zu seinem 70-j�hrigen Bestehen wird das Quartett in Gohrisch mit dem Schostakowitsch-Preis ausgezeichnet. Die "Borodins" sind in gleich zwei Konzerten mit dem dritten, sechsten und achten Streichquartett zu erleben und stellen au�erdem das dreizehnte Quartett von Nikolai Mjaskowski vor ? einem weiteren Zeitgenossen Schostakowitschs, den es hierzulande noch zu entdecken gilt. Auch von Schostakowitsch wird in diesem Jahr Neues erklingen, etwa die unvollendete Violinsonate von 1945 (die mit dem vollendeten Sp�twerk von 1969 kombiniert wird), eine eigens zusammengestellte Suite aus der Filmmusik zu "Das neue Babylon" und der selten aufgef�hrte Liederzyklus auf Gedichte von Marina Zwetajewa.

Erg�nzt wird das Programm durch ein neues Projekt der Schauspielerin Isabel Karajan, die ? nach der Mitwirkung am Jubil�umsfestival 2014 ? ihre Auseinandersetzung mit Schostakowitsch fortsetzt und dessen Cellosonate mit Gedichten der �sterreichischen Autorin Christine Lavant (1915-1973) verbindet: auch sie eine erst vor kurzem Entdeckte, deren Suche nach Wahrhaftigkeit das eigene Leiden spiegelt.

(Selbstdarstellung Schostakowitsch-Tage Gohrisch)